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Allspeak auf Denkschreibern für Bibliothekare
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
bevor Sie als stramme Inetbibler an Pfingsten die Hoffnung packt, im
Internet wiederauferstehen zu können, hilft vielleicht nachfolgende
Geschichte. Sie ist abgeschrieben aus Harald Weinrich: Deutsch im
Glück. In: Sprache in Not? Hrsg. von Christian Meier. Göttingen:
Wallstein, 1999, S. 107 f. Die Geschichte geht so (leicht gekürzt):
Gleich hinter dem nächsten Dorf kam ein Mann daher, der an einem
Riemen einen Kasten vor dem Bauch trug. Alle paar Schritte hielt er
an, öffnete den Kasten und machte klick-klick und klack-klack.
Neugierig blieb Hansmichel stehen und fragte den Mann mit dem Kasten,
was er denn da klimpere. Leutselig gab ihm der Mann zur Antwort:
?Dieser Kasten ist ein Denkschreiber, mit dem kannst du schneller
schreiben, als du denken kannst.? Der Mann zeigte Hansmichel seinen
Kasten von innen und verriet ihm, wie er mit ?Schnelle Post? und ?Fang
im Netz? spielen und alle Gedanken der ganzen Welt festhalten könnte.
Deutsch freilich könnte der Kasten nicht verstehen, nur Allspeak. ?No
problem?, beruhigte ihn Hansmichel, ?das habe ich schon von meinem
Esel gelernt.? - ?Das ist ein Glück, Hansmichel?, sprach da der Mann,
?dann kannst du auch in einer Zeit von nichts jede Message von hier
nach San Francisco oder nach Wladiwostok schicken.? - ?Und was soll
ich den Leuten schreiben?? fragte Hansmichel etwas ratlos. - ?Och,
alles was wichtig ist, vielleicht: Ich bin der Hansmichel, and how are
you?? Dann erklärte er ihm alle Tasten. ?Du mußt nur aufpassen, mein
lieber fellow, daß du nicht den Kasten hinfallen und seine Bilder
abstürzen läßt, sonst ist mir nichts, dir nichts alles verloren.? -
?Und woran kann ich das merken?? - ?Ganz einfach, wenn das Bild im
Kasten auf einmal blaß wird und ganz verschwindet, dann ist all deine
Schreibdenkerei umsonst gewesen.? - ?Oh, da würde ich schon tüchtig
aufpassen, wenn ich diesen Kasten zu eigen hätte.? Eifrig lud sich
Hansmichel selber den Kasten auf. Voller Freude und zufrieden mit sich
setzte er seinen Weg fort und sang dazu:
Ich klicke die Maus und klacke geschwind
und hänge mein Mäntelchen nach dem Wind.
Gegen Mittag war es, da kam Hansmichel an einen See, der zum Rasten
einlud. Die Sonne schien heiß, und er schwitzte nicht wenig unter dem
Gewicht des schweren Kastens. Als er ihn nun im Gras abgesetzt hatte
und glückselig den Denkschreiber öffnete, schien die Sonne voll auf
das Bild im Kasten. Es wurde blasser und blasser und war bald ganz
verschwunden. Erschrocken sprach Hansmichel zu sich selber: Nun ist
also geschehen, wovor der Kastenmann mich so eindringlich gewarnt hat.
In seiner Verzweiflung jammerte er leise vor sich hin:
oh w w w
hansmichel.de
Dann aber gewann der Zorn die Oberhand über ihn, und er schimpfte
laut: ?Der Kastenmann hat mich betrogen, sein Denkschreiber ist nur
ein ganz dummer Kasten!? Und rasch entschlossen warf er die unnütze
Last in den See. Hansmichel aber, als er den Kasten in der Tiefe
verschwinden sah, sprang vor Freude in die Luft und dankte Gott mit
Tränen in den Augen, daß er ihm zu den vielen anderen Gnaden auch noch
diese letzte Gunst erwiesen und ihn auf so gute Art von dem lästigen
Kasten befreit hätte. ?So glücklich, wie ich bin, gibt es keinen
Menschen unter der Sonne.? Ledig aller Sorgen und Lasten machte er
sich auf die Beine und wanderte selig und selbstzufrieden in die
große, weite Welt.
Das war die Geschichte.
Ihr U. Jochum
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