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AW: Kunst- und Museumsbibliothek Koeln soll geschlossen werden
Wenn man solche Nachrichten liest, dann fragt man sich doch allen Ernstes,
ob man die Bundesrepublik noch als Kulturnation bezeichnen kann. Die
Barbarei ist doch mittlerweile aktiver Bestandteil der Politik. Rainer
Strzolka
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Klaus Graf [mailto:graf _at__ uni-koblenz.de]
Gesendet: Dienstag, 28. Januar 2003 05:10
An: Internet in Bibliotheken; Deutsche Museumsliste
Cc: Library-list; H-NET List on Art History/Die E-Mail-Liste fuer
Kunstgeschichte im H-Net
Betreff: Kunst- und Museumsbibliothek Koeln soll geschlossen werden
Leserinitiative Kunst- und Museumsbibliothek · Köln
Zur Information der Presse 24.1.2003
Der Kölner Kunst- und Museumsbibliothek (KMB), eine der größten
Kunstbibliotheken im deutschen Raum, droht der Untergang. Die
katastrophale Haushaltslage der Stadt Köln hat im Dezember vergangenen
Jahres zu dem Verwaltungsbeschluss geführt, die Kunst- und
Museumsbibliothek aufzulösen, was umgesetzt wird, falls der Rat der
Stadt im April 2003 diesem Beschluss mehrheitlich zustimmt.
Die Kölner Bibliothek ist eine von sieben deutschen Kunstbibliotheken
(in Berlin, Nürnberg, München, Florenz, zweimal Rom und eben Köln), die
von der Deutschen Forschungsgemeinschaft als sogenannte
Spezialbibliotheken gefördert werden und in ihrer Gesamtheit nach
planmäßiger Schwerpunktverteilung das ganze Spektrum der Kunst bzw.
Kunstliteratur abdecken. Die Kölner Schwerpunkte sind die Kunst des 20.
und des 21. Jahrhunderts, Photographie und die Kunst der Benelux-Länder.
Zusammen bilden die sieben Bibliotheken eine deutsche
Nationalbibliothek der Kunstwissenschaft. Sie beraten in diesen Tagen
den gemeinsamen Aufbau einer "Virtuellen Fachbibliothek
Kunstgeschichte".
In den vergangenen dreißig Jahren floss seitens der Deutschen
Forschungsgemeinschaft eine Fördersumme in Millionenhöhe in unsere
Bibliothek, deren Bestand auf über
350 000 Bände angewachsen ist. Sie besitzt eine wissenschaftliche
Leitung im Rang einer eigenständigen Institutsdirektion und beschäftigt
zur Zeit mehr als zwanzig Personen. Die Zentrale ist arbeitsteilig
straff organisiert und verfügt über alle bibliothekarischen Hilfsmittel
einer großen Bibliothek. Die Kunst- und Museumsbibliothek ist die
einzige große deutsche Kunstbibliothek mit praktisch vollständiger
EDV-Erfassung ihrer Bestände. Der Katalog ist seit September 2000 im
Internet abrufbar.
Für uns unverständlich und schmerzlich, hat es bereits in der
Vergangenheit Vorschläge zur Abschaffung der Kunst- und
Museumsbibliothek gegeben, zuletzt 1997/98, als eine Untersuchung des
Unternehmensberaters McKinsey ihre Auflösung empfahl. Die Diskussion des
Jahres 1998 führte zu einer klaren Zurückweisung dieser Empfehlung durch
die Kölner Kulturpolitiker.
Eine Auflösung würde bedeuten, dass die Bestände der Kunst- und
Museumsbibliothek auf drei Museen, das Wallraf-Richartz-Museum, das
Museum für Angewandte Kunst und das Museum Ludwig zu verteilen wären.
Bekanntlich besitzt die KMB noch immer kein eigenes Haus, so dass ihre
Bücher, Kataloge und Zeitschriften gegenwärtig schon auf mehrere Gebäude
verteilt sind. Die Leserinitiative hat sich in der Vergangenheit mit
Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft entschieden und
erfolgreich dagegen gewehrt, dass im neuen Gebäude des
Wallraf-Richartz-Museums durch Abspaltung eine eigene Bibliothek
entsteht. Die jetzt drohende Umwandlung der KMB in hauseigene
Museumsbibliotheken würde diese Bemühungen zunichte machen und eine
totale Zersplitterung der Bibliothek legitimieren. Zu fürchten wäre,
dass ganze Bücher-und Zeitschriftenbestände, durch ihre Universalität
eigentlich unteilbar, auseinandergerissen würden. Das notorische, durch
die räumliche Streuung der Bücher bedingte Erschwernis für die Leser, in
der KMB gattungs- und epochenübergreifend zu arbeiten, würde zur
Unerträglichkeit gesteigert. Zu allem Überfluss ist eine Halbierung der
Öffnungszeiten scheinbar beschlossene Sache. Das um weit mehr als die
Hälfte reduzierte Bibliothekspersonal wäre von den notwendigen
Dienstleistungen - Magazingänge, Beratung, EDV-Recherche, Fotokopieren -
völlig überfordert.
Es kann keine Rede davon sein, dass die Auflösung der zentralen Struktur
der Bibliothek die Kosten-Nutzen-Bilanz verbessern würde. Der Nutzen
oder die Leistung der KMB besteht darin, den Wissenschaftlern innerhalb
und außerhalb der Museen, dem akademischen Nachwuchs, den
kunstinteressierten Bürgern der Stadt und nicht zuletzt dem Kölner
Kunsthandel hoch spezialisierte, vollständige oder sorgfältig
ausgewählte Kunstliteratur zur Verfügung zu stellen. Durch eine
Auflösung der Kunst- und Museumsbibliothek aber fielen unverzüglich die
Fördergelder der Deutschen Forschungsgemeinschaft weg und damit die
Hälfte des Etats für den Bucherwerb. Der sogenannte Schriftentausch, die
gegenseitige kostenlose Belieferung der Kunstinstitute mit ihren
neuesten Publikationen - für die KMB eine kaum zu überschätzende
Ressource -, würde mangels Arbeitskräften erheblich an Effizienz
einbüßen. Durch den eklatanten Rückgang der Neuzugänge müsste die
Bibliothek rasch veralten. Zudem würde der Wegfall einer zentralen
Steuerung des Bücherkaufs in Kürze zu klaffenden Bestandslücken führen.
Veralterung und Lückenhaftigkeit aber sind der Tod einer Bibliothek. In
wenigen Jahren würde zur Bedeutungslosigkeit herabsinken, was in
Jahrzehnten aufgebaut worden ist.
Die Auflösung der Kunst-und Museumsbibliothek würde aus einem
arbeitsteiligen System der Literaturversorgung ein wichtiges Glied
herausbrechen und damit ein nationales Projekt in Frage stellen, das bis
zum gegenwärtigen Zeitpunkt Synergieffekte genutzt hat, um eine
umfassende deutsche Bibliothek der Kunstwissenschaft zu schaffen. Die
Stadt Köln müsste die Verantwortung für das Scheitern der
gesamtkulturellen Konzeption übernehmen.
Die Leserinitiative Kunst- und Museumsbibliothek geht bei aller
Anerkennung der Notwendigkeit des Sparens nicht ernstlich davon aus,
dass die Politiker Kölns sehenden Auges die irreversible Zerstörung
einer lokal wie national bedeutenden Institution zulassen werden. Die
Kunst-und Museumsbibliothek ist als wichtiger Beitrag zur Identität der
Kunststadt Köln zu würdigen, gerade auch im Hinblick auf eine mögliche
Bewerbung um den Status einer europäischen Kulturhauptstadt. Wir fordern
mit allem Nachdruck dazu auf, statt die Auflösung der Kunst- und
Museumsbibliothek zu planen, vielmehr an Perspektiven festzuhalten, die
auch innerhalb der Verwaltung schon längst befürwortet worden sind. Wir
meinen den Vorschlag, für die Kunst- und Museumsbibliothek eigene Räume
auf dem Areal des ehemaligen Kaufhauses Kutz zu schaffen. So wenig auch
bei der gegenwärtigen Haushaltslage an investive Kosten gedacht werden
mag, das Grundstück im historischen Zentrum der Stadt kann längerfristig
nicht unbebaut bleiben, und für eine kulturelle Nutzung ist es erworben
worden.
Leserinitiative Kunst- und Museumsbibliothek ? Köln
(c/o Manfred Brunner, Classen-Kappelmann-Str.26, 50931 Köln, Tel.
(0221)9404104,
E-Mail: mhbrunner _at__ aol.com)
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.