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Re: Informatiker entwickeln Bibliothek der Zukunft
- Date: Thu, 1 Aug 2002 15:28:55 +0200
- From: "M. Schwantner" <msch _at__ FIZ-Karlsruhe.DE>
- Subject: Re: Informatiker entwickeln Bibliothek der Zukunft
Liebe Leser der Liste,
zu dem Beitrag von Hrn. Brannemann:
> From: "Marcel Brannemann" <mbrannemann _at__ AWI-Bremerhaven.DE>
> Date: Wed, 31 Jul 2002 14:32:14 +0200
> Subject: Re: Informatiker entwickeln Bibliothek der Zukunft
> [...]
> wenn wir uns so die Preisvorstellungen von eVerlage ansehen, dürfte
> eine größere Ansammlung solch virtueller Bücher für die meisten
> Bibliotheken unerschwinglich sein... eVerlage verlangt (bei der sog.
> Campuslizenz für 2000 'potentielle' Nutzer) also das 30-fache des
> Ladenpreises eines Buchs für eine auf 1 Jahr beschränkte Nutzungsdauer.
Zwei Bemerkungen zu diesem Problemkreis.
In der Tat war und ist es fuer ein Anbieterkonsortium wie die
Arbeitsgemeinschaft eVerlage ein voellig neues Problem,
Pauschallizenzen gemeinschaftlich, d.h. ueber die unterschiedlichen
Angebote einzelner Verlage hinweg, in einer angemessenen Form zu
bepreisen. Mit der von Ihnen zitierten Festsetzung ist daher ein
Rahmen geschaffen worden, den jeder Anbieter individuell fuer seine
Produkte anpassen kann.
Ihrer Aufgeregtheit entnehmen wir aber, dass vergleichbare
elektronische Titel, wie sie z.B. bei Herrn Obst in der Uni Muenster
im Campusnetz angeboten werden, deutlich preiswerter zu erwerben
sind? Daher die Frage an Sie und die Disputanten in der Liste:
Was waeren Sie als Erwerber Ihrer Bibliothek bereit, fuer
elektronisch verfuegbare Campuslizenzen im Rahmen des oben zitierten
Modells zu bezahlen?
Natuerlich wissen wir, dass man ueber die realisierten Preise nicht
spricht;) Vielleicht sagen Sie uns einmal, was Sie im Durchschnitt
fuer ein digitales Buch bezahlen muessen und welcher Aufwand an
Software und Systembetreuung eingerechnet werden sollte, um einen
Titel ein Jahr lang anzubieten?
Eine Campuslizenz fuer 2000 potentielle Nutzer ist natuerlich fuer
intensivste Nutzung gedacht. Man wird sie erwerben, wenn abzusehen
ist, dass in einer Hochschule in verschiedenen Studiengaengen das
Werk als Standardliteratur Verwendung findet. Das Modell ist
vergleichbar mit den Lehrbuchsammlungen, in denen ein Titel 30-fach
vorgehalten wird.
Diese 30 Titel koennen in einem Jahr bei einer Leihfrist von 4 Wochen
und der Option auf einmalige Verlaengerung 6 mal ausgeliehen werden.
Pro Jahr haetten Sie zum gleichen Preis nur 180 'potentielle' Nutzer
mit einer auf 8 Wochen begrenzten Nutzungsdauer. Nach 3 Jahren ist
Ausgabe veraltet und wird durch eine neue ersetzt. So weltfremd
erscheint uns das Campus-Preismodell daher nicht.
Wirklich neu waere die Erwerbspolitik der Bibliothek, die nun
digitale Buecher nicht mehr auf Vorrat kauft, sondern es bei geringen
Nutzungshaeufigkeiten den Lesern ueberlaesst, auf Bibilothekskosten
eine Einzellizenz zu erwerben.
Dazu wuerde uns Ihre Meinung, Herr Brannemann, und natuerlich auch
die der Liste interessieren. Wuerden Sie als Bibliothekare Ihren
Lesern die Option des Selbst-Erwerbens geben wollen?
> [...]
> Jahr beschränkte Nutzungsdauer. Im Gegensatz zum Buch, das Mensch mit
> Nachhause nehmen kann, garantiert eVerlage in seinen AGB allerdings
> mitnichten eine 100%ige Verfügbarkeit.... Da heißt es in § 3 der AGB:
>
> "In der Regel ist die Online-Nutzung der elektronischen Werke 24
> Stunden am Tag möglich. eVerlage behält sich jedoch vor, die
> Betriebszeiten einzuschränken oder - speziell aus technischen Gründen -
> für einen vorübergehenden Zeitraum auszusetzen. Ein Anspruch des Kunden
> auf feste Betriebszeiten besteht nicht."
Wo bitte gibt es den Onlineanbieter, der eine hundertprozentige
Verfuegbarkeit, d.h. 24x365 Stunden im Jahr, _garantiert_ ??? Dass
ein Server auch bei bester Pflege mal ausfallen kann und dass eine DB
bei einem Update kurz offline geschaltet werden muss, duerfte doch
bekannt sein. Daher muss man sich in den AGBs diesbzgl. absichern.
> [...]
> zum Ausdrucken heisst es in § 2:
>
> "Die sachgemäße Nutzung schließt das Anzeigen am Bildschirm und ggf.
> [!!] das Ausdrucken ein. Ist für das Ausdrucken eine Zusatzlizenz
> erforderlich, ist diese vorher abzuschließen."
Tatsaechlich ist die Weiterverwertung von digitalem Content ein
spannendes Problem. In einem anderen Global Info Schwerpunkt (MM-WEP)
wurde das individuelle Verwerten von Print-Modulen untersucht. Man
kann sich aus verschiedenen Kapiteln von Buechern sowie eigenen
Scripten ein Dokument zusammenstellen und mit Print-On-Demand-
Techniken qualitaetsgerecht ausdrucken lassen. Es ist einleuchtend,
dass hierfuer Drucklizenzen erforderlich sind.
> für Kurzzeitlizenznutzer sei aus § 6 zitiert:
>
> "Der Kunde ist damit einverstanden, daß bei der Bestellung von
> Kurzzeitlizenzen (Gültigkeit: eine Stunde, Preis: 1.00 DM pro Werk) über
> den Gastzugang Cookies auf seinem Rechner hinterlegt werden. [...]
> Meldet sich der Gastnutzer jedoch vor Ablauf einer Stunde nach der
> Bestellung der Kurzzeitlizenz ab, so ist diese Lizenz nicht mehr
> verfügbar."
Hier der volle Wortlaut, der das Anliegen von Cookies und den
moeglichen Verlust des Zugriffs erlaeutert:
""
§ 6
Der Kunde ist damit einverstanden, dass bei der Bestellung von
Kurzzeitlizenzen (Gueltigkeit: eine Stunde, Preis: 1.00 DM pro Werk)
ueber den Gastzugang Cookies auf seinem Rechner hinterlegt werden.
Bei ausgeschalteten Cookies gehen die Kurzzeitlizenzen verloren, wenn
waehrend des Gueltigkeitszeitraumes die Verbindung mit der Web-Site
von eVerlage unterbrochen wird, z.B. beim Absturz des Web-Browsers.
Mit Hilfe der hinterlegten Cookies kann wieder auf die vorher
bestellte(n) Kurzzeitlizenz(en) zugegriffen werden, sofern der
Zugriff innerhalb des Gueltigkeitszeitraumes erfolgt. Meldet sich der
Gastnutzer jedoch vor Ablauf einer Stunde nach der Bestellung der
Kurzzeitlizenz ab, so ist diese Lizenz nicht mehr verfuegbar.
""
Das Problem: eVerlage verwendet fuer die Sessionbindung allgemein
keine Cookies. Dies ist bei registrierten Nutzern ein angemessenes
Vorgehen, da jederzeit ueber das Benutzerkennzeichen eine Lizenz
verfuegbar ist und daher auf die nicht sehr populaeren Cookies
verzichtet werden kann.
Ist jedoch ein Kunde als anonymer Nutzer im System, so wuerde bei
einem Absturz seines Clients die Session verloren gehen und damit die
Lizenz - die in jedem Fall eine Stundenlizenz ist - nicht weiter
nutzbar sein. Daher bieten wir anonymen Kunden an, Cookies zu
erlauben und auf diese Weise eine Kurzzeitlizenz ueber eine
unterbrochene Session hinaus weiterhin zugaenglich zu machen.
> [...]
> Wichtig ist v.a. das Recht auf die Herstellung einer sog.
> Sicherungskopie.
>
> - Der Lizenznehmer darf eine Kopie der lizensierten Materialien
> anfertigen, sowohl eine elektronische Kopie als auch eine von den
> elektronischen Versionen der lizensierten Materialien gedruckte Kopie,
> die als Sicherungskopie oder zu Archivzwecken aufbewahrt wird.
Das ist bei einer Campus-Lizenz, die Sie hier diskutiert haben,
ueberlegenswert. Bei Einzellizenzen ist ein solches Vorgehen nicht
ueblich.
____
Noch eine Bemerkung zu Hrn. Grafs Beitrag:
> From: Klaus Graf <graf _at__ uni-koblenz.de>
> Date: Wed, 31 Jul 2002 14:51:55 +0200
>
> Marcel Brannemann wrote:
>
> > eVerlage verlangt (bei der sog. Campuslizenz für 2000 'potentielle'
> > Nutzer) also das 30-fache des Ladenpreises eines Buchs für eine auf 1
> > Jahr beschränkte Nutzungsdauer.
>
> Wie war das mit dem Wucherparagraphen? -> § 138 BGB
Als Student war ich immer hocherfreut, wenn ich nach einer
Buchempfehlung meines Prof in die Bibliothek kam und man mir dort
mitteilte, dass alle drei Exemplare des Buches schon ausgeliehen
seien und sich vor mir 10 andere Studenten auf die Warteliste haben
setzen lassen. So konnte ich mich unbeschwert von wissenschaftlicher
Literatur in's Schwimmbad begeben ;-)
Ok, wer zu spaet kommt, den bestraft das Leben, aber: Bei einer
Campuslizenz kann eben nicht nur EIN Leser das Buch lesen, sondern
gleichzeitig ALLE von der Bibliothek verwalteten Nutzer. Zwar werden
kaum 2000 Nutzer zur gleichen Zeit ein bestimmtes Buch lesen wollen,
aber meiner Erfahrung als Student nach sind von Standardwerken eben
immer zuwenig Exemplare in der Bibliothek. Angesichts reduzierter
Mittel duerfte sich daran kaum etwas geaendert haben.
Mit freundlichen Gruessen,
das eVerlage-Team:
* Klaus Bastian (HTWK Leipzig, www.htwk-leipzig.de)
* Frank Oldenettel (OFFIS Oldenburg, www.offis.de)
* Michael Schwantner (FIZ Karlsruhe, www.FIZ-Karlsruhe.de)
* Florian Wagenpfeil (FAST Muenchen, www.fast.de)
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Dr. Michael Schwantner msch _at__ fiz-karlsruhe.de
FIZ Karlsruhe (STN International) http://www.fiz-karlsruhe.de
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