Aesthetische Beinhaltung

["Bernhard Eversberg" <EV _at__ buch.biblio.etc.tu-bs.de>]

Aesthetische Beinhaltung ist nicht erst ein Anliegen unserer Zeit, sondern
war schon wichtig fuer den roemischen Imperator auf seiner "sella curulis" 
bei einem Staatsakt: rechtes Bein leicht vorgestreckt, linker Fuss nach 
hinten, Ruecken kerzengerade, Kinn hoch - die klassische Pose.
Doch was soll das an dieser Stelle?
Weit davon entfernt, jemandem ein Bein stellen zu wollen, und ohne
konkreten Anlass in dieser Liste, moechte ich nichts weiter als eine 
Stilfrage aufwerfen:
Gibt es jemanden, dem das Wort "beinhalten" gefaellt? (Wenn ja, warum?)
Etwas anders gefragt:
Gibt es jemanden, der dieses Wort immer sofort korrekt als "be-inhalten"
liest und nicht als stutzig machendes "bein-halten", wie mir das mitunter 
passiert (Assoziationen wie die oben zitierte ausloesend)?

Vielleicht ist es ja subjektiv, aber klingt es nicht wie bleiernes Amts-, 
steifstelziges Kanzlei- oder zumindest hoelzernes Papierdeutsch? (Mit
"Amtsspr." wird es denn selbst vom Duden schroff abgekanzelt.)

Waere es denn nur in Amtsdrucksachen zu finden, wollte ich hier stille
schweigen, aber es kommt auffallend haeufig in Beschreibungen vor,
die von Datenbanken, OPACs, Web-Sites, Software u. dgl. handeln. 
Waere es denn unersetzlich, wollte ich noch immer stille schweigen. Aber
ist es nicht, wo immer es auftritt, durch "enthalten" oder "umfassen" 
austauschbar? Oder beinhaltet (vermittelt?) es doch eine Nuance der 
Bedeutung, verkoerpert es eine rhetorische Qualitaet, bringt es eine 
Stimmung zum Schwingen, ruehrt es LeserInnen auf eine ganz eigene Weise an,
wohnt ihm eine anderen Woertern ab- und mir entgehende Aesthetik inne,
so dass diese Vokabel fuer unseren Sprachschatz als unverzichtbar (noch ein 
entbehrliches Wort) gelten muss?
Ungern beraubt man die deutsche Sprache eines Wortes, aber nach meinem
Dafuerhalten duerfte dieses getrost konsequentem, kollektivem Nichtgebrauch 
anheim fallen... (wie auch noch mindestens ein Wort dieses letzten Satzes).
Es sei denn, man redet von Imperatoren oder Mannequins.


Bernhard Eversberg
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