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Re: Elektronische Pruefungsarbeiten
- Date: Mon, 18 Aug 1997 15:18:03 -0700
- From: Klaus Graf <graf _at__ uni-koblenz.de>
- Subject: Re: Elektronische Pruefungsarbeiten
Eberhard Hilf wrote:
>
> zur Diskussion ueber Examensarbeiten aus der Sicht eines Wissenschaftlers:
> Examensarbeiten und Seminararbeiten, Magister-, Diplomarbeiten,etc.
> sind urheberrechtlich aus unserer Sicht Eigentum des Fachbereichs.
> Eine Archivierung, Veroeffentlichung ueber das Internet bedarf der
> Zustimmung des Fachvertreters, -und wie ich meine, des Autors.
> So geschieht dies auch bei uns: nicht alle Studienarbeiten unserer Gruppe
> lege ich auf den Institutsserver (nicht etwa der Kandidat und schon garnicht
> die Bibliothek ohne mein Einverstaendnis) nach Einverstaendnis des Kandidaten.
> http://www.physik.uni-oldenburg.de/Docs/theo3/examen-works/
> ist ein Beispiel.
> Fuer diese Auswahl allerdings waeren wir dann dankbar, wenn die entsprechende
> Univ.-Bibliothek mittelfristig die Archivierung und das Angebot ueber d
> das Netz sowie die bequeme Suchbarkeit etc. uebernehmen wuerde.
> Diese Sammlung wurde uebrigens 341 mal in den letzten 278 Tagen aufgerufen,
> einzelne Examensarbeiten 484,249, 121 mal.
> Es gab ernsthafte wiss. Anfragen und es war sinnvoll, sie aufzulegen.
> Die Frage,was ist aufhebenswert und was nicht, sollte eben von den
> zukuenftigen Lesern entschieden werden, nicht von den jetzigen Bibliothekaren..
> Kurz: Auswahl der Dateien fuer ein Archiv sollte durch die Fachvertreter
> erfolgen und das Archiv mit diesen konzipiert werden. Diese wiederum
> verstehen oft erstaunlich wenig von einer sinnvollen Archivierung,
> Nachweis, sie sind eben keine Bibliothekare..
> Die Arbeitsteilung UND die Kooperation loest also die hier diskutierte
> Frage.
> Mit freundlichen Gruessen E.R.Hilf
>
> 121:
>
> --
> Prof. Dr. Dr. Eberhard R. Hilf Department of Physics
> Tel.: (+49)-441-798-2543 Carl von Ossietzky University Oldenburg
> FAX : (+49)-441-798-3201 D 26111 Oldenburg
> Germany
Liebe Liste,
1. zur Veroeffentlichung von Arbeiten auf dem Instituts-Server
Die Verquickung von oeffentlichrechtlicher Pruefungsleistung und
Aufnahme der Diplomarbeit in die Netz-Publikationen des Instituts ist
meines Erachtens nicht ganz unbedenklich. Die hierfuer Verantwortlichen
sind gewiss nicht die "zukuenftigen" Leser, die ueber bibliothekarisches
Sein oder Nichtssein nach Gutduenken zu befinden haben. Wird eine Arbeit
akzeptiert, so sollte auch die Moeglichkeit gegeben sein, sie auf dem
Instituts-Server zu veroeffentlichen. Die Note der Arbeit sollte dabei
keine zentrale Rolle spielen.
2. Schutzrechtsfragen
Ganz entschieden muss der Ansicht widersprochen werden, dass
Pruefungsarbeiten urheberrechtliches Eigentum des Fachbereichs sind. Es
ist doch immer wieder erstaunlich, wie wenig Wissenschaftler vom
Urheberrecht wissen. R. Krasser hat in: Krasser/Schricker, Patent- und
UrhR an Hochschulen, 1988, S. 150 festgestellt, dass das Urheberrecht
bei den Geprueften verbleibt und diese nicht zur Einraeumung
vertraglicher Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Anfertigung der
Pruefungsarbeit verpflichtet sind. Ausfuehrlich hat sich mit dem Thema
W. Veelken (Schutzrechtsfragen im Hochschulbereich, Wissenschaftsrecht
26/2, 1993, S. 93ff.) befasst, doch wird hier zu wenig auf die
Grundrechte des Kandidaten abgehoben. Prinzipiell gilt auch fuer diesen
Teilbereich des Pruefungsrechts die Forderung des BVerfG (BVerfGE 84,
34; 45): "Grundrechsschutz ist auch durch die Gestaltung von Verfahren
zu bewirken".
Selbst wenn man in gewissen Kontexten die Nuetzlichkeit entsprechender
Vertraege anerkennt, so muss doch sichergestellt sein, dass auch ohne
solche freiwillige Vereinbarungen die Pruefungsleistung mit der Chance
auf eine sehr gute Bewertung erbracht werden kann. (Anders verhaelt es
sich, wenn der/die Diplomand/in in einem Arbeitsverhaeltnis zur
Universitaet steht, doch auch dann ist eine Koppelung von Pruefung und
Nutzungsrechtseinraeumung nicht ohne weiteres zulaessig).
Grundsaetzlich gilt also: ohne Vertrag und Arbeitsverhaeltnis darf der
Kandidat mit seiner Arbeit machen, was er will, d.h. sie auch ohne
Zustimmung des allmaechtigen Institutsdirektors im Internet publizieren.
Ob eine Hochschulsatzung die Veroeffentlichung einer Arbeit ohne
Zustimmung des Urhebers im Internet vorsehen koennte, erschiene mir
hoechst zweifelhaft.
Freundliche Gruesse
Dr. Klaus Graf
graf _at__ uni-koblenz.de
http://www.uni-koblenz.de/~graf/
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.