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Re: Serendipity !LANG!



> ..., nicht nur "nichts", nicht nur das, was man gesucht hat, sondern auch
> etwas, das man nicht gesucht und trotzdem gefunden hat! Diese letzte Art
> von unverhofften, ungesuchten Funden ist vielleicht die wichtigste von
> allen.

Ich habe in einem Vorwort fuer einen Prospekt eine sehr schoene
Beschreibung eines Internet-Neulings gelesen. Ich habe diese
gescannt und OCR t. Die Firma (Manufactum) verkauft Dinge unter dem
Motto "Es gibt sie noch, die schoenen Sachen". Zum Beispiel kann man
dort saemtliche Dinge kaufen, die Oma in ihrer Kueche hatte (Ein
wirklich schoener Katalog). Hier nun der Auszug aus dem Vorwort, dem
Fazit wuerde ich zwar nicht zustimmen, der Artikel ist aber nett
geschrieben.
Der erste Teil beschreibt das Angebot der Firma im Internet, der
zweite die Erfahrungen mit dem Internet.

  Internet 1
  Manufactum-Online?  Nur halb.
  Seit etwa einem Jahr kommen uns fast taeglich
  Briefe von Werbeagenturen und System-
  beratem auf den Tisch, die sich erboetig
  machen, unserem Katalog den Weg ins Internet
  zu ebnen.  Sie schildem die Vorteile einer sol-
  chen Investition in die multimediale Zukunft in
  den gluehendsten Farben, versaeumen jedoch
  selten, mit drohendem Unterton darauf hinzu-
  weisen, dass, wer zu spaet komme, vom Leben
  Strafe zu erwarten habe - eine Weisheit, die
  bekanntlich vom letzten Generalsekretaer der
  KPDSU in die Welt gesetzt wurde, große Kar-
  riere aber erst bei den Innovationsdynamikem
  des Westens machte, und dies wahrscheinlich
  deshalb, weil sie aufs Schoenste den "Geist des
  Windhundrennens" wiedergibt, in den das
  "Ewig strebende Bemuehen" ernsthafterer Zei-
  ten sich inzwischen ja verwandelt hat.   (Anm.MS : Toller Satz!)
  Also: Den Katalog bringen wir nicht ins
  Internet, aber um dem Vorwurf zu entgehen,
  wir seien der Zukunft nicht in gebuehrendem
  Masse zugewandt, haben wir uns für alle Brief-
  und Faxveraechter elektronisch erreichbar
  gemacht unter dem ueblich kryptischen Kuerzel
  info _at__ manufactum2.re.eunet.de.
  Wir leeren diesen elektronischen Briefkasten
  taeglich - und versprechen auch, dies nicht mit
  spitzen Fingern zu tun.

  Internet 2.
  Wenn einer eine Reise tut...
  dann kann er was erzaehlen, vor allem, wenn
  die Exkursion ins Internet führte.  Der Verfasser
  weilte vor kurzem testweise dort, um auf solch
  elaboriertem Weg eine Zugverbindung von
  Kiel nach Recklinghausen zu ermitteln.  Mittels
  eines "Browsers" ließ er die erreichbaren
  "web-sites" nach Eintraegen mit dem Stichwort
  "Fahrplan" durchsuchen.  Nachdem er eines
  aus einer schier unueberblickbaren Vielzahl von
  Angeboten ausgewaehlt hatte, kam ihm das
  deutsche Streckennetz merkwuerdig fremd vor
  - bis er bemerkte, daß ihm auf dem Bildschirm
  statt des Fahrplans der Deutschen Bahn AG
  derjenige einer Tansanischen Busgesellschaft
  dargeboten wurde.  Von den schliesslich doch
  noch entdeckten Servern mit den deutschen
  Bahn-Fahrplaenen meldete das Netz zwei Stun-
  den lang, sie seien gerade "down", wuerden
  aber bald wieder "up" sein.
  Wer sich solche Wartezeit mit Erkundigungen
  darueber verkuerzen will, ob die "scientific com-
  munity" in ihrem Bemuehen um die Erkenntnis
  dessen, was die Welt im Innersten zusammen-
  haelt, (oder in irgendeiner anderen Frage) Fort-
  schritte erzielt habe, wird reich belohnt: Das
  "Netz der Netze" schuettet ein Fuellhorn an Arti-
  keln und Artikelchen über ihn aus, aus denen
  man aber vor allem die Erkenntnis mitnimmt,
  wie segensreich und unentbehrlich doch das
  Wirken der Redaktionen wissenschaftlicher
  Zeitschriften ist, die sich der Muehe unter-
  ziehen, bei den eingegangenen Manuskripten
  die Spreu vom Weizen abzusondern.
  Einem hartnaeckigen Geruecht zufolge soll im
  "World Wide Web" zu bestimmten Zeiten das
  Erlebnis locken, echt online dabei zu sein,
  wenn in Suedamerika eine Kaffeemaschine echt
  online Kaffee kocht.  Dem beizuwohnen blieb
  dem Verfasser versagt: Er kannte die Adresse
  nicht, und kein "Browser" konnte sie ermitteln.
  Dafür gelangte er, ohne recht zu wissen wie, in
  ein "Forum", in dem ehrgeizige Juenglinge sich
  gegenseitig verrieten, mithilfe welcher Tricks
  sie unter Umgehung der Spielregeln moeglichst
  anstrengungs- und ermuedungsfrei in das
  "7. Level" eines Computerspielsnamens
  "Command and Conquer" und damit zur Welt-
  herrschaft gelangen könnten.
  Von dem abschließenden Besuch zweier
  "Chatrooms", also jener Orte im Internet, in
  denen die Kunst der gesellschaftlichen Kon-
  versation bzw. die demokratische Tugend des
  herrschaftsfreien Diskurses unter hauptsaech-
  licher Verwendung der Vokabeln "Hi, smile,
  grins" gepflegt wird, nur soviel: Das maximale
  Mass an Flach- und Schwachsinn, das eine
  "kommunizierende" Menschengruppe zu pro-
  duzieren in der Lage ist, wird seit Intemet-
  zeiten nicht mehr an Stammtischen erreicht,
  deren Besatzung die 10. Runde intus hat.
  Und ueberhaupt erscheint einem die wirkliche
  Welt in einem sehr viel milderen Licht, wenn
  man aus dem Intemet in sie zurueckkehrt - was
  ja allein eine hinreichende Rechtfertigung für
  die Existenz dieser Einrichtung ist.
  Der Verfasser hatte es mit seinem Besuchs-
  termin uebrigens noch gut getroffen, denn tags
  darauf verbreitete die nordrheinwestfaelische
  Landesregierung die Schreckensbotschaft, daß
  mit taetiger kultusministerieller Unterstuetzung
  nun auch einige Gesamtschulen des Landes
  einen Netzzugang erlangt haetten und diesen
  dazu nutzen würden, der Welt ihre Schuelerzeit-
  schriften zugaenglich zu machen (was die Welt
  natuerlich als die laengst ueberfaellige Behebung
  eines tief empfundenen Mangels dankbar
  begruessen wird).
  Es ist offenbar eine Weltformel, daß alles was
  mehr wird, gleichzeitig auch schlechter wird,
  und dieses eherne Gesetz hat sich in letzter
  Zeit ja auch an so unterschiedlichen Dingen
  wie Brathaehnchen, Fernsehprogrammen und
  Raeucherlachs erfuellt, die sich zwar allesamt in
  eine beaengstigende Vielzahl vermehrt haben,
  doch dabei voellig ungeniessbar wurden.  Die
  Wirtschaftswissenschaften eroertern dieses
  Phaenomen unter dem Begriff der "Inflation".
  Und es scheint so, daß dieser Prozess laengst
  auch die namensgebende Substanz der "lnfor-
  mationsgesellschaft" ergriffen hat.  Aber das ist
  schon vor laengerer Zeit erkannt worden, und
  man kann T.S. Eliots Frage: " Where is the
  wisdom we lost in knowledge, and where is the
  knowledge we lost in information ? " ganz
  leicht auf den aktuellen Stand bringen durch
  den Zusatz: "And where is the information we
  lost in communication?"

Ich habe den Autor versaeumt zu fragen, ob ich seinen Artikel
veroeffentlichen darf, denke aber, er wird es nicht merken ... ;-)

Gruesse,
Michael Schaarwaechter

  Michael.Schaarwaechter _at__ ub.uni-dortmund.de
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  Vogelpothsweg 76, D-44227 Dortmund
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