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Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs
Nr. 14/1997 vom
11. März 1997
Bundesgerichtshof läßt Preisbindung für
Text-CD-ROM zu
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat die Preisbindung für
CD-ROM-Produkte, die Bücher im Markt ersetzen können, zugelassen.
Der Verlag C. H. Beck, in dem u.a. juristische Fachliteratur erscheint,
hatte 1993 für seine als CD-ROM publizierten Fachzeitschriften und
Entscheidungssammlungen, z.B. die Neue Juristische Wochenschrift (NJW) auf
CD-ROM, die Preisbindung eingeführt; dies bedeutete, daß sich jeder Händler
bei Bestellung einer CD-ROM verpflichten mußte, die Ware zu dem vom Verlag
vorgesehenen Endverbraucherpreis abzugeben. Preisbindungsvereinbarungen sind
nach deutschem Kartellrecht grundsätzlich verboten und nur als Ausnahme für
Verlagserzeugnisse gestattet.
Das Bundeskartellamt hatte dem Verlag die Durchführung der
Preisbindungsverträge untersagt; es hatte dies in erster Linie darauf gestützt,
daß elektronische Datenträger dieser Art nicht mehr als bloßer
Ersatz des Printmediums angesehen werden könnten, daß es sich
vielmehr wegen der vielfältigen zusätzlichen Funktionen, die die
CD-ROM biete, um ein qualitativ anderes Produkt handele. Das Kammergericht hatte
die Beschwerde des Verlags zurückgewiesen: Der Gesetzgeber habe das System
der festen Ladenpreise im Buchhandel allein unter kulturpolitischen
Gesichtspunkten hingenommen, um die Versorgung der Bevölkerung mit dem "Kulturgut
Buch" nicht zu gefährden. Die erwähnten CD-ROM-Produkte des
Beck-Verlags könnten aber nach Herstellungsweise, Inhalt, Nutzungsmöglichkeiten
und Vertriebsmethode nicht dem gedruckten Buch gleichgestellt werden.
Der Bundesgerichtshof hat diese Entscheidungen des Bundeskartellamts und des
Kammergerichts aufgehoben. Er hat betont, der Begriff des Verlagserzeugnisses
sei im Hinblick auf die gesetzgeberische Zielsetzung zwar einerseits eng
auszulegen und im Grundsatz auf Bücher und buchähnliche Produkte zu
beschränken; andererseits sei der Begriff aber für neue technische
Entwicklungen offen, die der Gesetzgeber noch nicht habe berücksichtigen können.
Bei solchen neuen Produkten komme es maßgeblich darauf an, ob sie die auf
Bücher gerichtete Nachfrage befriedigen könnten, ob es sich also aus
der Sicht der Benutzer um ein Substitutionsprodukt des Buches handele. Diese
Frage hat der Bundesgerichtshof jedenfalls für die hier in Rede stehenden
CD-ROM-Produkte des Beck-Verlags bejaht und dabei hervorgehoben, daß die
zusätzliche Recherchemöglichkeit, die die CD-ROM im Vergleich zu einer
gedruckten Fassung biete, ebenso wie das elektronische Register Hilfsfunktion
habe und nur dazu diene, dem Benutzer die gespeicherte Information zum Zwecke
des Lesens zugänglich zu machen.
Beschluß vom 11. März 1997 - KVR 39/95