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Suchmaschinen mit boolescher Logik ausser AltaVista, was:Re: Such
- Date: 20 Apr 1997 00:00:00 +0000
- From: inetbib _at__ ml.han.de (Michael Logies)
- Subject: Suchmaschinen mit boolescher Logik ausser AltaVista, was:Re: Such
Lieber Herr Marloth,
> META SEARCHERS
koennen wohl nicht besser als die zugrundeliegenden Suchmaschinen
sein.
> LINKERS
Sind mir neu. Was machen die?
> SEARCH ENGINES
> Airs II, Alta Vista, DaiaNews, Excite, FTPSearch,
> Galaxy, HotBot, InfoSeek, JapanSearchEngine, LinkStar,
> Lycos, Magellan, NlightNFind, OpenText, pathfinder,
> Point, RoboLink, UCSTRI-UnifiedComputerScienceTRIndex,
> Ultraseek, WiseWire, Yahoo!
Welche ist denn diejenige mit der ausgefeiltesten Abfragesprache bei
moeglichst grossem und aktuellem Datenbestand?
> DIRECTORIES
> DATABASES
Mir geht es um das Finden von Inhalten auf Internetseiten.
> dafuer gibt es die sogeannnten Web-Roboter
> auf der basis von ai.
Aktuell nutzbar? Mir ist nicht gelungen, hier im WWW etwas
Funktionierendes fuer mich (mit Win 3.11) zu finden.
> dass sie nicht mehr surfen, ist eigentlich schade.
> nichts schaerft den verstand, die urteilskraft
> und das aesthetische empfinden mehr als eine reise
> querbeet.
Das kann man aber auch anders sehen (s. u.):
Um im Internet surfend das channel hopping am Fernseher zu
wiederholen, habe ich letzteren nicht abgeschafft.
Beste Gruesse
M. L.
Empfaenger : /cl/medien/vernetzung
Message-ID : 60JVC1IQSNB _at__ p-wdoe.link-n.cl.sub.de
Absender : J.WIECKMANN _at__ NADESHDA.gun.de (Juergen Wieckmann)
Betreff : WWW: Die totale Bescherung
Datum : Fr 05.01.96, 07:43 (erhalten: 06.01.96)
Groesse : 11222 Bytes
Organisat. : Z-Netz Network Area, Germany
Software : CrossPoint v3.02 R/C7228
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Ich verweise ausdruecklich darauf, dass der Inhalt des folgenden
Artikels dem Urheberrecht unterliegt. Die Einsendung erfolgte im
Rahmen einer Perspektiv-Diskussion im NGO/NPO-Medium ,,CL-
Verbund''. Gewerbliche Nutzung des Beitrags ist ausdruecklich
untersagt. Abdruck- und Verwertungsinteressenten wenden sich
bitte direkt an den Autor -- via Redaktion Frankfurter
Rundschau.
Gruss jwi
here we go
D i e t o t a l e B e s c h e r u n g
http:// oder: Wunscherfuellung im Cyberspace
Von Peter Matussek
Zu den unausgesprochenen Regeln des Wunschzettelschreibens
gehoert es, klare Forderungen zu stellen. Vagheiten setzen
Weihnachtsmaenner unter Stress. Am schlimmsten sind Muetter, die
das Bestellangebot unterlaufen, indem sie Liebe oder - schlimmer
noch - gar nichts begehren, statt zum Beispiel Marzipanherzen
der Marke Substitut in der lila Vorratspackung.
Die besten Wunschzettel schreiben Kinder, die noch an den
Weihnachtsmann glauben. Ihre Angaben ueber Prozessortyp,
Speicherkapazitaet und Software-Ausruestung des begehrten
Spielcomputers lassen an Praezision nichts zu wuenschen uebrig. Und
nur, wenn am Heiligen Abend genau das geliefert wird, was auf
dem Zettel stand, ist der infantile Glaube an den Himmelsboten
fuer die naechste Saison gerettet.
Ewige Glaubenserneuerung fuer alle Menschenkinder ist uns nun
verheissen. Das benutzerfreundliche Worl Wide Web, das jeden klar
formulierten Wunsch auf Tastendruck herbeizaubert, macht den
Heiligen Geschenke-Abend zur Dauereinrichtung. Um in den Genuss
der permanenten Bescherung zu kommen, bedarf es wenig. Der
notierte Wunsch muss nur den Regeln entsprechen. ,,Ich wuensche
mir'', heisst korrekt geschrieben: ,,http://'' . Und dann folgt
die genaue Objektbezeichnung. Wer etwa auf die Library of
Congress mit ihren vier Millionen Titeln zugreifen moechte, der
schreibt: ,,dranet.dra Com./lemare''. Japanische Dekor-Malerei
bekommt, wer ,,www.st.rim.or.jp'' tippt. Und das komplette
Verwoehn-Set inklusive Anal-Stoepsel zum Schleuderpreis gibt es
bei ,,www.beateuhse.com/uhse sets.html''.
Digitale Weihnachtsmaenner
Zugegeben: Die Leitungen sind durch den Andrang der
Wunschzettelschreiber manchmal ueberlastet. Und da heisst es ein
wenig warten, bis die Weihnachtsbotschaft (,,nobi.ethz.ch/cgi-
bin/bibel-query'') auf den Bildschirm kommt. Die kuenftigen
Datenautobahnen aber werden uns von den stoerenden Adventsresten
bald erloesen. Ihre Logistik verdankt sie der ,,memex''-Technik,
wie sie ihr Erfinder, Vannevar Bush, genannt hat. Ausgehend vom
Netzwerkmodell des menschlichen Geistes, schuf er ein
Gedaechtnissystem, das schlechterdings alles mit allem verbinden
und speichern kann. Und was im Gehirn die Neurotransmitter
leisten, besorgt nun, in der Weiterentwicklung von Bushs
Erfindung, das Hypertext Transfer Protocol (HTTP), das alle
Wunscherfuellungsdienste dieser Welt miteinander verwebt. Fuer Ted
Nelson, den Schoepfer des Wortes Hypertext, ist das aber erst der
Anfang. Er hat einen ganz bestimmten Wunsch: ,,I want it all,
and I want it now.''
Dem Manne kann geholfen werden. Am Media Lab des Massachusetts
Institute of Technology wird die totale Bescherung vorbereitet.
Da wir mit der Suche nach Wunscherfuellung in den
weltumspannenden Netzen masslos ueberfordert waeren, sollen uns
kleine Dienstprogramme, ,,intelligente Agenten'' , dabei helfen.
Diskret ueber unsere Einzelinteressen Buch fuehrend, schaffen die
digitalen Weihnachtsmaennchen selbsttaetig herbei, was sie in den
Weiten des Cyberspace sonst noch an Passendem finden koennen.
Schon mal zum Begriff der Informationslust recherchiert? Fortan
wird herangespuelt, was diesem Thema irgend aehnlich sieht.
Virtuelle Voellerei
Doch was ist das Aehnliche und Verwandte? Am Music Recommendation
System (homr.www.media.mit.edu), dem Prototyp eines
intelligenten Agenten, laesst sich das verdeutlichen. Wer sich ihm
gegenueber als Bachliebhaber outet, wird in Zukunft auch mit
Telemann beliefert. Miles-Davis-Hoerer bekommen es mit Chet Baker
zu tun. Und so weiter.
Dasselbe Prinzip laesst sich auf alle moeglichen anderen Gebiete
uebertragen. Doch damit nicht genug. Es gibt digitale Agenten,
deren Intelligenz fast schon humanes Niveau erreicht: Sie lassen
andere fuer sich arbeiten. Treffen sie auf ihren Streifzuegen
durch die Netze einen Agentenkollegen, der ein aehnliches
Nutzerprofil zu bedienen hat, fragen sie ihn aus und stopfen in
ihren Gabensack, was dieser Interessantes zu bieten hat. Kurz;
Das Wuenschen wird immer einfacher. Wir brauchen uns ueberhaupt
nicht mehr darum zu kuemmern.
Was wir uns wuenschen, das wissen unsere Agenten ja schon. Die
wiederum bereichern ihr Wissen durch andere Agenten. Und so
entsteht ueber ein kompliziertes Geflecht von Rueckkopplungen eine
wunderbare Aehnlichkeitsvermehrung: Da letztlich alles mit allem
irgendwie zusammenhaengt, befindet sich ueber kurz oder lang das
gesamte Weltwissen in der eigenen Mailbox.
Aber was wird dann aus Ted Nelson? Wird er, wie alljaehrlich die
reuige Christengemeinde nach Bescherung und Festschmaus, seinen
vollgeschlagenen Datenwanst einer Strafpredigt aussetzen und
Abkehr von der Naschsucht geloben? Dazu besteht kein Anlass.
Einschlaegige Mahnungen zielen bei der virtuellen Voellerei
buchstaeblich ins Leere. Die Informationsbeschaffung aus dem
Cyberspace gleicht, wie der Internet-Pionier Clifford Stoll
bemerkt, dem Trinken aus einem Feuerwehrschlauch: ,,Man macht
sich nass und bleibt doch durstig.''
Das ist kritisch gemeint, trifft aber ungewollt den Kern einer
gottgefaelligen Konsumhaltung. Datenstroeme gehoeren zu jener Art
von Getraenk, die der christliche Mystiker Nikolaus von Kues als
seligmachend preist: ,,Und weil dieser Trank in Ewigkeit dauert,
trinken die Seligen immer und werden niemals zu Ende getrunken
haben oder gestillt worden sein.'' Und auch der digitale
Christstollen ist gerettet: ,,Es ist klar'' , schreibt der
Cusaner, ,, dass, falls diese Speise niemals fehlen wuerde, der
Essende stets satt waere und doch unaufhoerlich dieselbe Speise
erstrebte.'' Mit dem Wissen waechst das Nichtwissen und damit
der Appetit auf neues Wissen und so weiter. Dies ist das
Geheimnis der docta ignorantia, der gelehrten Unwissenheit.
Der Kreis der darin Eingeweihten waechst unaufhoerlich. Demuetig
durchsuchen sie das Datenreich. Und dass sie sich statt des
Wissens mit blosser Information begnuegen, uebertrifft ihr
Asketismus den des mittelalterlichen Mystikers bei weitem. Wie
Anachoreten sitzen die Informationsdurstigen und Netzhungrigen
vor ihren Terminals. Reglos und entkoerperlicht bis zur
Katatonie, unterwerfen sie sich dem Exerzitium selbstvergessener
Mausklicks, von gelehrter Leere zu geleerter Lehre levitierend,
bis der Zustand der absolut leeren Leser erreicht ist. Schon
nach wenigen Andachstsstunden vor den Bildschirm-Ikonen hat ihr
Blick jene Glasigkeit angenommen, die das untruegliche Zeichen
tiefen Eindringens in das Arkanum der Unwissenheit ist.
Gedaechtnis ohne Erinnerung
Im Idiota hat Cusanus den Zustand seliger Verbloedung erstaunlich
modern erlaeutert: Was wir erkennen, ist ein Netzwerk von
Beziehungen, dem sich das Wesen der Dinge entzieht. In der unio
mystica mit der konnektiven Struktur der elektronischen
Gedaechtnisse wird der Cybergnostiker eins mit ihrer Leere.
Anders als es die tradierte Metapher suggeriert, sind die
digitalisierten Daten- Speicher substanzlos - sie enthalten
nichts als positive oder negative Zustaende. Gedaechtnisse bar
jeder Erinnerung, entsprechen sie dem nur noch an manchen
Klosterschulen gepflegten Ideal des reinen Auswendiglernens ohne
hoffaertiges Verstehenwollen. Aufgeklaerte Auswendiglerner sind da
weiter: Das zu Merkende wird unter Umgehung des fehlbaren Hirns
sofort auf Hards-Disks gebannt. Jeder Daten-Input drueckt
zugleich eine Delete-Taste in unserem Innern, ausgeloest von dem
beruhigenden Impuls: das kannst du gestrost vergessen.
Falls doch noch hier und da eine ungetilgte Erinnerungsspur die
Eingeweide zu belasten droht, sorgt ein perfektioniertes
Ausscheidungssystem fuer rasche Erleichterung. Elektronische
Mail, News-Groups und Online-Konferenzen sind, wie Eingeweihte
wissen, weniger auf das Einholen als auf das Ablassen von Daten
hin optimiert. Darueber hinaus fordert die elektronische
Kommunikation durch ihren Verzicht auf Stimme, Gestik und andere
Ballaststoffe des Selbstausdrucks eine alphanumerische
Logorrhoe, die dem Ideal des fluessigen Schreibens erst seinen
wahren Sinn gibt. Mit geringem Aufwand - etwa der unspezifischen
Adressierung an alle im Netz (* _at__ *) - wird ein
Abstrahlungsverhalten erreicht, das einen Feuerwehrschlauch
vergleichsweise impotent erscheinen laesst.
Da der Informationsfluss schneller herausgeht als er hereinkam,
koennen die Neu-Cusaner ihren Datendurst ungehemmt reklamieren:
Kathleen _at__ hat mich aufgefordert, sie weiterhin auf meiner
maillist zu behalten; sie wolle zwar nicht auf mich eingehen,
aber doch weiter von mir hoeren. ,,So berichtet befremdet kaspaH,
das im Cyberspace lebende Alter ego eines Mitglieds der
Hamburger Telematik Workgroup (www.bfbk.unihamburg.de).
Verfechter kritischer Subjektivitaet wie sie werden, schon aus
Kostengruenden, endlich begreifen muessen: dem Netzniesser gilt das
Individuum wenig. Noch weniger das eigene. Er dividiert und
verstroemt es in eine Simultanpraesenz, die ueberall und also
nirgends anwesend ist. Web-Magazine bieten hierzu geeignete
Polylog-Kurse an.
Klagt ein Novize im kommunikativen Multitasking ob der Schwere
der Uebung: ,,Ich kann doch nicht zu euch allen gleichzeitig
reden'', troestet ihn sogleich eine erfahrene Netzpartnerin: ,,Es
wird ganz natuerlich mit der Zeit'' (www.emedia.net/ feed). So
ist es. Wer sich an die Streu- Effekte eines Web-Chats gewoehnt
hat, wird ganz selbstverstaendlich anderen ins geschriebene Wort
fallen, noch ehe die viel zu beschaeftigt mit der eigenen
Selbstzernetzung - ueberhaupt formuliert haben, was sie sagen
wollten.
In der Dissoziationswueste
Die Kunst nimmt hier, wie stets, kuenftige Entwicklungen vorweg.
Aus der postmodernen Dezentrierung des Subjekts zieht die
Hypertext-Avantgarde ihre Konsequenzen. Shelley Jackson etwa
verstreut als Patchwork Girl ihre Fruehstueckseinfaelle -nach dem
Motto: ,,Ich bin viele'' - ueber einen Story Space von 462
Verzweigungen. Gegen dieses Autorsubjekt nimmt sich das Multiple
Personality Syndrom wie eine blosse Konzentrationsschwaeche aus.
Was in der digitalen Dissoziationswueste an Erinnerungsspuren
bleibt, wird durch den orientierungslos herumklickenden Leser
vollends zerstaeubt. Restloser kann Selbstaufloesung nicht sein.
Und lehrten nicht schon unsere Vorfahren, dass die hoechste
Wunscherfuellung in der Selbstvergessenheit liegt?
Der Mensch, berichtet Nietzsche, fragte einmal das Tier: Warum
redest du mir nicht von deinem Gluecke und siehst mich nur an?
Das Thier will auch antworten und sagen, das kommt daher, da
ich immer gleich vergesse, was ich sagen wollte - da vergass es
aber auch schon diese Antwort...
--
** logies _at__ ml.han.de (Michael Logies) **
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.