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Re: Rechtschreib-Debakel: Beispiele+Vorschlaege
Lieber Herr Eversberg, liebe Listenmitglieder,
zunaechst einmal vielen Dank fuer das Zusammentragen der Problem-
faelle, die in den naechsten Jahren das Retrieval in den
genannten Faellen weiter erschweren werden.
Allerdings:
Rechtschreibaenderungen hat es im Deutschen wie auch in den meisten
anderen Sprachen permanent gegeben, nur der Weg auf dem dies diesmal
geschah ist neu. Ueber Aenderungen, die die Duden-Redaktion durch-
gefuehrt hat, gab es halt keine oeffentliche Diskussion.
Verglichen mit der Reform von 1905, die drei bis dahin geltende offizielle
unterschiedliche, korrekte, Standards ersetzt hat, sind die Veraenderungen
kaum bemerkbar. Damals wurde das "th" weitgehend abgeschafft, obwohl man
dann den Ton in der Musik nicht mehr vom Material Thon (Lehm)
unterscheiden konnte, das "c" wurde weitgehend durch "k" ersetzt. Die
Erfinder der PI mussten auch damit klar kommen (und haben das dann
so versucht, dass wir heute Probleme haben: Karl / Carl).
Anscheinend war das Wilhelminische Deutschland immer noch reformfreudiger
als das Nach-Wende-Deutschland (man denke nur an die Einfuehrung des
BGB, das viele alte Rechtsvorschriften ersetzt hat).
Und: diese Probleme haben wir in allen alten Katalogen, die Bestaende
vor 1905 nachweisen, es wurde bisher eher am Rande als nur
fuer aeltere Literatur relevant thematisiert, etwa im Zusammenhang
mit Normdaten fuer Verlagsorte.
--
Nur, um zum Thema zu kommen: wenn man schon Werkzeuge fuer die
Abfederung der Rechtschreibreform entwickelt, sollte man dann nicht
auch alle Reformen (die von 1905 und die schleichenden in der Folge-
zeit) einbeziehen?
Weiter:
Biologen haben auch immer wieder mit Aenderungen der Terminologie
zu kaempfen: z.B. die Graeser haben die Bezeichnung von Graminae zu
Poaceae geaendert. Soll man dann auch so was in ein Woerterbuch aufnehmen?
Wo ist die Grenze?
("In Hessen sagt man Gaul und schreibt Pferd" ;-) )
Was ist mit fremden Sprachen?:
Das "arkiv foer matematik, astronomi och fysik 1903 ff"
will auch gefunden sein. Anscheinend hatte Schweden solch eine
Reform schon des laengeren hinter sich, ohne das die schwedische
Literatur, Wissenschaft und Kultur oder gar das Bibliothekswesen
groesseren Schaden genommen haette?
Meine Meinung: Rechtschreibaenderungen sind das normale, es ist
"nice to have" wenn es Werkzeuge gibt, die Folgen abzumildern,
aber mit Rechtschreibaenderungen umgehen muss man schon seit Jahrzehnten
(zumindest seit 1905 in Deutschland).
Ob die Hilfsmittel auf die Dauer nicht hinderlicher sind
als der bewusste Umgang mit unterschiedlichen Schreibweisen?
(Carl / Karl - Problem). Die neuere Schreibweise erleichtert
eine zeitlich geschichtete Suche (pointiert formuliert).
Zur Aesthetik:
Und ob Ketschup haesslicher aussieht als M"oebel (meuble),
B"uro (Bureau) und Direktion (Direction) - Ansichts-Sache.
Man wird sich daran gewoehnen wie an die Ringe in der Nase,
die von einigen als schrecklich, von anderen als "geil"
empfunden werden.
Ein Rechtschreib-"Debakel" als solches kann ich nicht erkennen,
beschraenkt auf Kataloge war es seit Jahrzehnten unser Begleiter.
Aber ich finde sehr gut, wenn aus diesem Anlass diese an sich
langjaehrigen Probleme in den Katalogen konkret
benannt werden und Loesungsmoegichkeiten gesucht werden.
Viele Gruesse
Lothar Kalok
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