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Re[2]: Dissertationen im INternet



Liebe Diann, liebe Inetbibler/innen,

in der Mail von 9:29 steht zu lesen:
> Ich denke, dies trifft die Zurueckhaltung der meisten 
> Wissenschaftler (dieses kennen wir auch aus unseren Instituten), die
> Texte nur oder erstmalig als elektronischen Texte ins Netz zu legen.
> Die Furcht vor Missbrauch ("Plagerism") ist trotz Urheberrechtschutz noch
> zu gross. Oder kennt jemand in der Liste auch eine technische 
> Moeglichkeit, elektronischeTexte gegen Missbrauch zu schuetzen? Gibt
> es schon das digitale Wasserzeichen? 

Dreierlei scheint mir hier angesprochen:

1.) Schutz vor Manipulationen:
Was es gibt sind Verfahren bei denen Pruefziffern eingesetzt
werden mit denen eine unautorisierte Manipulation an Texten
nachgewiesen werden kann. Texte koennten auf solche Weise 
z.B. von Autor und Systemadministrator "elektronisch unter-
schrieben" werden, und wenn beide Unterschriften und die
Pruefziffern stimmen und mit den entsprechenden "Schluessel-
ringen" sorgfaeltig umgegangen wird waere m.E. wohl fuer
die meisten Faelle ertraegliche Sicherheit erreicht. Auch 
ohne so etwas kann sich eine Institution durch Backups von 
Texten die (die Texte, nicht die Backups) im Netz zur Ver-
fuegung gestellt werden in die Lage versetzen etwaige
Manipulationen aufzudecken sobald jemand einen derartigen
Verdacht vorbringt (die Promotionsausschuesse, Uni-Archive,
Fakulatetsregistraturen werden von Dissertationen etc. werden 
ja ohnehin weiterhin Exemplare auf Papier haben). Und wenn
elektronische Versionen von Dissertationen nicht nur auf 
dem eigenen Server liegen sondern auch noch "bei Erscheinen"
auf den Server einer anderen Institution gelegt werden
duerfte man auch hinreichende Sicherheit bei Prioritaetsstrei-
tigkeiten erreichen.

2.)  Furcht vor Plagiaten:
Mir ist nicht recht klar, wieso das gegen elektronische Ver-
oeffentlichungen sprechen sollte: Plagiate sollen ja immer-
hin schon in der Vor-Internet-Aera vorgekommen sein ... .
Und: desto mehr Leser ein Text hat, desto sicherer ist er
davor, plagiiert zu werden, da die Leser des plagiierten
Textes ja auch potentielle Leser des plagiierenden Textes
sind, und so das Risiko der Entdeckung des Plagiats steigt.
Und alle Erfahrungen die mir bekannt sind bzw. von denen
ich gehoert habe (habe aber keine "harten" Statistiken!)
zeigen, dass elektronische Veroeffentlichungen mehr Leser 
finden als gedruckte gleichen Inhalts (solange der Text 
nicht zu lang ist: mehrhundertseitige Dissertationen uebers 
Netz zu laden und dann den Drucker mit dem Ausdruck zu 
blockieren ist wohl nicht soooo schoen). 

3.)  Sonstige Vorbehalte gegen rein elektronische Ver-
     oeffentlichungen:
Die koennen m.E. widerum durchaus berechtigt sein: (a) Veroeffent-
lichungen dienen ja auch dazu den Stand der Forschung zu
einem bestimmten Zeitpunkt zu *dokumentieren*, und da siehts
nicht so toll aus, solange das Problem der Langzeit-
archivierung fuer derlei Dokumente nicht halbwegs be-
friedigend geloest ist. (b) Veroeffentlichungen dienen ja
manchmal auch der Befoerderung der eigenen Karriere des
Veroeffentlichenden, und da haben einige wohl den Eindruck,
dass derlei besser mit Veroeffentlichungen auf Papier ge-
dient ist - und ich zweifle etwas ob man allen die so denken
da immer unrecht geben kann. Denn: (c) Elektronische Ver-
oeffentlichungen werden noch kaum fuer bibliographische
Datenbanken die fuer Zitationshaeufigkeitsuntersuchungen
ausgewertet werden indiziert. (d) Auf elektronische Ver-
oeffentlichungen werden diejenigen, die nur nach solchen
in Papierform suchen kaum aufmerksam, waehrend diejenigen
die nach elektronischem suchen ja meistens (hoffentlich 
immer noch!) auch gedrucktes bibliographieren. (e) Zeit-
schriften (gedruckte wie elktronische) brauchen anscheinend
hauefig etwas Zeit um sich "zu etablieren" und die elek-
tronischen sind "juenger" als die meisten gedruckten.
Aber all das spricht natuerlich nicht dagegen, Preprints
(und wo urheberrechtlich moeglich auch definitive Fassungen)
auch elektronisch zu veroeffentlichen.

   Mehr Wissen und Erfahrungen zu all dem duerften die Ver-
treter der Mathematischen, Physikalischen, Chemischen und
Informatischen Fachgesellschaften haben, die ja sehr inter-
essante Projekte zum "elektronischen Veroeffentlichungs-
wesen" haben. Vielleicht liest ja jemand von denen mit
und kann kompetent Stellung nehmen?

   Mit freundlichen Gruessen aus dem z.Z. sonnigen
Muenchen

Heinrich C. Kuhn
 
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* Dr. Heinrich C. Kuhn      Max-Planck-Gesellschaft /GV IIb3           
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